Aktualisierung unseres Beitrages aus November 2019

Sachzuwendungen an Arbeitnehmer werden vielfach steuerlich privilegiert. Vornehmlich durch Steuerbefreiungs- oder Pauschalierungsvorschriften. Der BFH musste sich aktuell mit der Frage auseinandersetzen, ob von diesen Privilegien auch Sachzuwendungen umfasst sind, zu deren Erbringung sich der Arbeitgeber erst aufgrund einer Gehaltsumwandlungsabrede verpflichtet hat. Die Finanzverwaltung vertritt in LStR 3.33 Abs. 5 S. 1 die Auffassung, dass es der Gesetzeswortlaut nicht zulässt regulär zu versteuernde Vergütungsbestandteile steuerwirksam zugunsten privilegiert zu versteuernder Sachzuwendungen umzuwandeln. Mit seiner Entscheidung vom 01.08.2019 (VI R 32/18) hat der BFH sich – in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsauffassung – nunmehr gegen die Verwaltungsauffassung positioniert. Die Rechtsprechungsänderung kann z.B. für Gehaltsumwandlungen zugunsten von Jobtickets oder zugunsten steuerfreier Fahrtkosten- und Kindergartenzuschüssen oder zugunsten mit 15 %/25 % pauschal zu besteuernden Pkw-Fahrtkostenzuschüssen für den Weg zur Arbeit oder zugunsten von Barzuschüssen für die Internetnutzung nutzbar gemacht werden.

Um die avisierten Steuerbefreiungs- oder Pauschalierungsmöglichkeiten nutzen zu können, kommt es u.a. darauf an, dass die Gehaltsumwandlungsabrede vor dem Zeitpunkt der Fälligkeit des umzuwandelnden Vergütungsbestandteils erfolgt. Erfolge vor diesem Zeitpunkt eine arbeits- und zivilrechtlich zulässige Reduzierung des vereinbarten Barlohns, so würden danach ernsthaft zugesagte, zweckgebundene und aufgrund einer Steuerbefreiungs- oder Pauschalierungsvorschrift begünstigte Zuschüsse nach Auffassung des BFH „zusätzlich“ (i.S.d. Gesetzeswortlauts) zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt. Dabei soll es dann auch keine Rolle spielen, wenn der Lohnverzicht für andere Ansprüche (z.B. für künftige Lohnerhöhungen, Urlaubs- oder Weihnachtsgeld) nicht gelte, sondern diese mithilfe eines Schattengehalts weiterhin auf Grundlage des bisherigen Bruttoarbeitslohns berechnet würden. Die steuerliche Anerkennung von Gehaltsumwandlungen zugunsten steuerprivilegierter Sachzuwendungen stößt allerdings auch nach Maßgabe der neueren BFH Rechtsprechung in den Fällen an seine Grenzen, in denen im Zuge der Gehaltsumwandlung vereinbart wird, dass bei Wegfall der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuerprivilegien ein Ausgleich durch eine Barlohnerhöhung stattfindet.

Unser Praxis-Tipp für Sie:

Die großzügige Sichtweise des BFH eröffnet zahlreiche Möglichkeiten Arbeitnehmern einen Vermögensvorteil zu verschaffen, ohne den Arbeitgeber zusätzlich zu belasten. Arbeitgeber sollten anhand der individuellen Lebenssituationen ihrer Arbeitnehmer prüfen, ob sich Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen, die von ihren Arbeitnehmern wertgeschätzt werden. Der hierfür zu erwartende administrative Aufwand dürfte sich im Regelfall in überschaubaren Grenzen halten.

Ob das Gestaltungsmodell von Dauer ist, ist nach einem jetzt veröffentlichten Gesetzesentwurf fraglich. Es soll nämlich ein neuer § 8 Abs. 4 EStG eingeführt werden, der bestimmt, dass einheitlich für das gesamte Einkommensteuergesetz „Leistungen des Arbeitgebers für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht [werden], wenn

  1. der Wert der Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
  2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt oder
  3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer Erhöhung des Arbeitslohns gewährt wird.

Die Neuregelung wurde zwar aus dem am 19.02.2020 verabschiedeten Gesetzesentwurf wieder herausgenommen. Allgemein wird aber damit gerechnet, dass die Regelung noch im Laufe diesen Jahres in ein Gesetzgebungsverfahren Eingang finden wird. Im Vorgriff auf eine Gesetzesänderung hat das BMF das zitierte BFH-Urteil bereits mit Schreiben vom 05.02.2020 als nicht über den Einzelfall hinaus für allgemein anwendbar eingestuft. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten!

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