Erhalten Anteilseigner Ausschüttungen aufgrund ihrer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, gehören diese Bezüge als Kapitalerträge grundsätzlich zu den steuerpflichtigen Einkünften. Hiervon ausgenommen sind hingegen solche Ausschüttungen, die aus früheren Kapitaleinzahlungen der Gesellschafter (sog. Einlagenrückgewähr) stammen. An Stelle steuerpflichtiger Kapitalerträge führen diese lediglich zu einer steuerneutralen Minderung der Anschaffungskosten an der Beteiligung.

Die Abgrenzung zwischen steuerpflichtiger Ausschüttung und nicht steuerbarer Einlagenrückgewähr erfolgt im deutschen Steuerrecht bei der leistenden Kapitalgesellschaft anhand eines formellen Verfahrens. § 27 KStG regelt die gesonderte Feststellung und Verwendung vorhandener Einlagenbestände (sog. steuerliches Einlagekonto) explizit.

Als problematisch stellt sich dies bei Ausschüttungen dar, die von ausländischen Kapitalgesellschaften geleistet werden. Denn im Ausland wird in der Regel keine vergleichbare Gliederung und Verwendung des steuerlichen Eigenkapitals, geschweige denn nach deutschen Vorschriften, vorgenommen. Im vorliegenden Urteilsfall stand deshalb zur Entscheidung, ob Drittstaaten-Kapitalgesellschaften per se eine den deutschen Regelungen vergleichbare (nicht steuerbare) Einlagerückgewähr leisten können.

Der BFH stellte mit-Urteil vom 10.04.2019 (IR 15/16) klar, dass auch Leistungen aus dem Vermögen von im Drittstaat ansässigen Kapitalgesellschaften, für die kein steuerliches Einlagekonto i. S. des § 27 KStG geführt wird, als Einlagenrückgewähr zu qualifizieren sein können. Mit Verweis auf vergangene BFH-Urteile (BFH v. 13.7.2016 VIII R 47/13 und VIII R 73/13; BFH v. 20.10.2010 I R 117/08) ist für die konkrete Ermittlung auf das jeweilige ausländische Handels- und Gesellschaftsrecht abzustellen.

Unsere Praxis-Tipps für Sie:

  • Wenngleich sich das vorstehende Urteil auf im Betriebsvermögen gehaltene Beteiligungen bezieht, erstreckt sich dessen Anwendungsbereich gleichermaßen auch auf im Privatvermögen gehaltene Beteiligungen, sodass der Frage nach der Steuerbarkeit im Hinblick auf die Kapitalertragsteuer- bzw. Einkommensteuerpflicht durchaus erhebliche Bedeutung zukommen kann.
  • Einen erheblichen Steuereffekt bergen insbesondere Ausschüttungen aus Beteiligungen, die (i) im Betriebsvermögen gehalten werden und (ii) bei denen die gesetzlichen Beteiligungsschwellen zur Inanspruchnahme bestehender Begünstigungsregelungen nicht erreicht werden.
  • Mangels eines gesonderten Feststellungsverfahrens bei der ausländischen Kapitalgesellschaft ist die Frage einer evtl. (nicht steuerbaren) Einlagenrückgewähr im Rahmen des individuellen Festsetzungsverfahrens auf Anteilseigner-Ebene zu klären und mittels geeigneter Unterlagen bzw. Dokumentation zu belegen.

Für Fragen zu diesem Thema steht Ihnen gerne zur Verfügung:
Herr Holger Baumgart (+49 6227 3090-180) – holger.baumgart@wipfler-partner.de